Dossier: Stefan Rietz

0

Stefan Rietz aus Kloster Lehnin OT Göhlsdorf (Landkreis Potsdam-Mittelmark) ist ein deutscher Neonazi und Funktionär der NPD. Er ist verurteilt wegen Fortführens der verbotenen Vereinigung Blood & Honour.

Der gelernte Maurer Rietz schließt sich mutmaßlich Ende der 1990er Jahre dem neonazistischen Milieu an und ist dort bereits früh in entscheidender Position tätig. Kontakte soll er zu Neonazis aus Blood & Honour-Strukturen in Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt pflegen.
Auch nach dem Verbot im Jahre 2000 ist Rietz in Sachen Blood & Honour aktiv. So observiert die Polizei am 16. Juni 2001 ein Treffen in Magdeburg, an dem neben Rietz auch Neonazis aus Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Brandenburg teilnahmen. Diese Zusammenkunft ist ein „Strategietreffen“ zur Fortführung von Blood & Honour. Weiterhin organisiert die Gruppe streng von der Öffentlichkeit abgeschirmte Konzerte mit Bezug zu Blood & Honour. Stefan Rietz soll beispielsweise im September und November 2001 per Rund-SMS Werbung für solche konspirativen Veranstaltungen gemacht haben. Die Konzerte finden in Niedersachsen und Belgien statt. Des Weiteren soll er die Fahrt einer Blood & Honour-Band zum Auftrittsort mitorganisiert haben. Gegen ihn und weitere Neonazis aus Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt wird daraufhin Anklage erhoben.

Am 21. August 2004 nimmt Rietz am Rudolf-Hess-Marsch in Wunsiedel (Bayern) teil. Rietz läuft dort in einem Block neonazistischer Kameradschaften aus Magdeburg, Rathenow und Premnitz sowie ehemaliger Blood & Honour-Funktionäre wie Dirk Horn (Kloster Lehnin) mit.
Wegen „Unterstützung des organisatorischen Zusammenhaltes einer unanfechtbar verbotenen Vereinigung“ wird Rietz am 12. März 2008 vor dem Landgericht Halle/Saale rechtskräftig verurteilt. Er wird verwarnt und erhält die Auflage, sich ein Jahr straffrei zu verhalten. Anstatt illegal für Blood & Honour engagiert Rietz sich nunmehr legal in der NPD.

Zwischenzeitlich hat Rietz Kontakte zur völkischen Artgemeinschaft – Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung und nimmt in den Jahren 2003 und 2004 an Sommersonnenwendfeiern in Ilfeld (Thüringen) teil. Mindestens 2003 nimmt an diesem Treffen auch André Eminger, Mitangeklagter im Münchener Prozess gegen den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU), teil. Weiterhin hat Rietz Kontakte zu den Berliner Neonazi-Rockern Vandalen.

Seit 2007 ist das Engagement von Rietz für die NPD belegbar. Durch einen Hack des internen E-Mail-Verkehrs der Partei wird nachvollziehbar, dass er lokal in die Organisation des Ortsbereiches Brandenburg an der Havel involviert ist und gleichzeitig dem Brandenburger Landesvorstand angehört. Aus den E-Mails wird auch ersichtlich, dass die E-Mail-Adresse, die Rietz für die Parteikorrespondenz nutzte, gleichzeitig die Kontaktadresse einer Aktionsgruppe Potsdam-Mittelmark ist. Erstmals fiel die Organisation im Jahre 2003 auf. Aus dieser Zeit stammt ihr Mitteilungsblatt Nationaler Beobachter. In mehreren Ausgaben wird dort über szenerelevante Ereignisse geschrieben und die Teilnahme an neonazistischen Veranstaltungen empfohlen. Unter der Überschrift „Werdet aktiv in Eurer Region“ wird aufgerufen, „freie Kameradschaften“ zu bilden und in „Zellen“ zu agieren. „Gegnern“ soll so erschwert werden, „Ergebnisse und Aktionen zuzuordnen“. Ein Konzept, das an William Pierces Roman The Turner Diaries erinnert – eine Blaupause für den „führerlosen Widerstand“ und möglicherweise Grundlage für die Aktivitäten des NSU. Verbreitungsraum des Nationalen Beobachters sind die Landkreise Havelland und Potsdam-Mittelmark sowie Potsdam. Die Aufmachung des Mitteilungsblattes ähnelt auffällig dem Rundbrief der Kameradschaft Festungsstadt Magdeburg.
Aktivitäten der Aktionsgruppe Potsdam-Mittelmark sind für Anfang und Mitte der 2000er Jahre belegbar. Auf einem szeneinternen Flugblatt wird die Organisation als Mitveranstalterin eines Neonaziaufmarsches am 30. Oktober 2004 in Potsdam ausgewiesen. Eine Delegation dieser Gruppe legt zudem während eines Nazi-Aufmarsches am 13. November 2004 am Soldatenfriedhof in Halbe ein Blumengebinde nieder.

2007 bis 2010 nimmt Rietz in Brandenburg an der Havel, Rathenow, Berlin, Magdeburg und Dresden an NPD- und NPD-nahen Veranstaltungen teil. Gelegentlich tritt er dabei als Ordner auf. In dieser Zeit pflegt er eine enge Verbindung zu den NPD-Funktionären Andy Knape aus Magdeburg (damals Bundesvorstand) und Michel Müller aus Rathenow (Brandenburger Landesvorstand). Mit Müller teilt Rietz auch die Verbindung zum neonazistischen Fanklientel des BFC Dynamo Berlin sowie von S.S. Lazio Rom.

Drucken & PDF

Comments are closed.